Die „Ehe für alle“ kommt. Was heisst das jetzt?

Der Bundesrat hat in seiner 936. Sitzung am 25. September 2015 einen Gesetzentwurf der Länder Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Thüringen, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zur Öffnung der Ehe in den Bundestag einzubringen. Nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz von 2001 gab es außerdem 2013 einen Gesetzentwurf (Drucksache 196/13) zur „Einführung des Rechts auf Eheschließung des gleichen Geschlechts“ aus dem Bundesrat, der aber im Bundestag nie beschlossen wurde.

Seit dem Beschluss des Bundesrats hat die Regierungskoalition aus CDU, CSU und SPD diesen Gesetzentwurf im Bundestag nur in erster Lesung beraten lassen und dann im Rechtsausschuss ganze 30 Mal vertagt und so die Befassung des Ausschusses so blockiert. Der Entwurf konnte so nicht im Bundestag final beraten und verabschiedet werden. Das Gleiche geschah mit zwei weiteren Gesetzentwürfen der Grünen und der Linken im Bundestag.

Was Ändert dieses Gesetz?

Im Gesetzentwurf des Bundesrates sind einige Änderungen anderer Gesetze zusammengefasst. Der erste Artikel befasst sich mit der Änderung einiger Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches. Dort soll es in Zukunft beispielsweise lauten: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.

Wer bereits eine Lebenspartnerschaft eingegangen ist, kann diese in eine Ehe umwandeln lassen, dazu heisst es im Gesetzentwurf: „Eine Lebenspartnerschaft wird in eine Ehe umgewandelt, wenn zwei Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner gegenseitig persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, miteinander eine Ehe auf Lebenszeit führen zu wollen. Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung abgegeben werden. Die Erklärungen werden wirksam, wenn sie vor dem Standesbeamten abgegeben werden.

Das bedeutet also, dass die Paare nochmals zum Standesamt gehen müssen und gemeinsam diese Umwandlung in eine Ehe erklären. Sehr wahrscheinlich wird das dann auch wieder eine Verwaltungsgebühr kosten, wir haben dann also für unsere Ehen doppelt bezahlt – ohne die Wartezeit und das politische Kämpfen für die gleichen Rechte.

Wann ist es endlich soweit?

Das Gesetz tritt „am ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Monats“ in Kraft. Diese dreimonatige Frist soll den Ständesämtern die Vorbereitung auf die Eheschließungen ermöglichen.

Allerdings müssen davor noch einige Prüfungen und Unterschriften geleistet und das Gesetz muss im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Wenn also das Gesetz morgen, am 30. Juni beschlossen wird, muss sich noch der Bundesrat mit dem Gesetz befassen. Die nächste Sitzung ist am 7. Juli. Es braucht außerdem noch eine Prüfung durch das zuständige Ministerium und die Unterschrift des Ministers. Die wird Justizminister Heiko Maas aller Wahrscheinlichkeit nach zügig leisten. Danach muss noch die Bundeskanzlerin unterschreiben.

Anschließend geht das Gesetz ans Bundespräsidialamt. Dort findet eine „formelle und materielle“ Prüfung des Gesetzes statt, also auf die Rechtmäßigkeit (ob das Gesetz nach den Verfahrensregeln des Grundgesetzes zustande gekommen ist) und ob das Gesetz mit den übrigen Vorschriften des Grundgesetzes und den Grundrechten im Einklang steht. Das nimmt im Durchschnitt zwei bis drei Wochen in Anspruch.

Wenn also der Bundespräsident seine Unterschrift geleistet hat und das Gesetz bis zum 31.7. veröffentlicht wäre, können alle ab dem 1. November eine Ehe eingehen, oder die Lebenspartnerschaften umwandeln lassen.

Was passiert mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz?
Das Lebenspartnerschaftsgesetz wird mit der Öffnung der Ehe abgeschafft. Lebenspartnerschaften können ab dem Inkrafttreten der Eheöffnung nicht mehr geschlossen werden.

Was das Gesetz nicht verändert, ist die gesellschaftliche Realität und die weiter bestehende Ausgrenzung und Diskriminierung von LSBT*IQ-Menschen. Der Kampf für Akzeptanz und gegen Ausgrenzung wird also weitergehen. Wir freuen uns, wenn ihr eure Euphorie und Power in einer Organisation in eurer Nähe einsetzt und mithelft ein diskriminierungsfreies Miteinander zu erreichen.

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