„Regenbogen für Alle“, die Gegendemo zur „Demo für Alle“ in Stuttgart rief vergangenes Wochenende zum Positionieren gegen Evangelikale, Erzkonservative und irregeführte, besorgte Eltern auf.
So weit, so gut. Zugegeben, das war meine erste, richtige Demonstration für gesellschaftliche Vielfalt, abseits der CSDs, auf denen ich mich bisher immer sehr sicher fühlte. Was mir in Stuttgart begegnete, war erschreckend und traurig zugleich. Nie zuvor war mir klarer, wie sehr ich mich immer noch für meine sexuelle Orientierung verteidigen muss. Und wie wenig ich das will.
Ich stehe gemeinsam mit anderen Demonstranten vor einem Zaun, hinter dem die Demo für Alle ihre Thesen einem überraschend durchschnittlichem Publikum vorträgt. Unzählige Familien, aber eben auch Frauen mit Faltenröcken, eine Gruppe junger Männer mit Deutschlandfahne und sehr viele ältere Menschen, die ohne Begleitung kaum gehen können. Welche Angst muss in ihnen stecken, dass die sich das hier noch antun?
Neben mir eine junge Frau mit einem „Wie kann man nur hassen, dass Menschen sich lieben“-Schild. Ich bin froh, dass sie da ist.
Ein Mann mit Kinderwagen steht nicht weit von mir entfernt hinter dem Zaun und begrüßt den Auftritt Amedeo Rossettis von der Anti-Gender Bewegung in Italien mit rauschendem Beifall. Ich warte gespannt…und bin enttäuscht von der nächsten halbe Stunde, die mich erwartet.
Der Ablauf ist immer der gleiche. Eine ketzerische These wird von der Masse mit Beifall gefeiert, das Wort „Frühsexualisierung“ wird genauso häufig gesät, wie der Gedanke „man sei ja gar nicht so intolerant, wie die Regenbogen-Fraktion vor dem Zaun“. Ich bemerke, dass um mich rum immer mehr Leute kopfschüttelnd weiterlaufen und der Demo für Alle ihr Possenspiel überlassen. Der Sohn des Mannes mit dem Kinderwagen dreht sich lachend um, zeigt auf uns und schreit „Haha. Endlich gehen sie“.
Was bleibt? Der Gedanke, dass „wir“ zu wenige waren. Das Gefühl, dass Manipulation von Massen problemlos funktioniert. Der Wunsch, weiter zu sagen: Ihr habt Unrecht. Und die Hoffnung, dass der kleine Junge aus der Masse das irgendwann auch erkennt.
(Danke an vielbunt für das tolle Foto 🙂 )
Ja, wie waren zu wenige, aber die Demo ging weiter, das „nur da stehen und nichts tun können“ Gefühl müsste man nicht haben. Eine Demo für alle darf zwar angemeldet werden und stattfinden, aber der laute gegenprotest an den Straßen muss noch lauter werden. Die Aktion des Theaters war ein Anfang, die Gegendemonstranten in der ganzen Stadt ebenfalls, aber nur den Kopf schütteln oder eine Gegendemonstration weit weg von den Hetzern hilft nicht.