„Schwule und Aids“ – ein wegweisendes Positionspapier für die Prävention

Am 21. Mai 1989 verabschiedete die Mitgliederversammlung der Deutschen Aidshilfe das Positionspapier „Schwule und Aids“. Es wurde damals aus der Perspektive einer Gruppe schwuler Männer geschrieben und wurde zu einem Meilenstein in der Arbeit der Aidshilfen. Zwischenzeitlich ist das Papier etwas in Vergessenheit geraten, hat aber an manchen Stellen nichts seiner Kraft verloren.

„Schwul leben, heißt Leben mit HIV/Aids: es gibt keine AIDS-freien Nischen“ ist so ein Satz, der heute noch gilt wie damals. Schwule Männer sind in Deutschland die am meisten von HIV und Aids betroffene Gruppe und jeder ist davon betroffen und tatsächlich gibt es keine Nischen in denen man als schwuler Mann ohne Berührung mit dem Thema leben kann. Etwa 1 Prozent der hier lebenden Schwulen ist HIV-positiv, in Ballungsgebieten wie Berlin oder Köln sogar um die 10 Prozent. Es ist also sehr wahrscheinlich HIV-positive Freunde oder Sexpartner zu haben, ob man es nun weiß, oder nicht.

Aus diesen Gründen ist eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema so wichtig, um sich zu informieren und irrationale Ängste abzubauen: „Nur wenn Sexualität wieder lebbar gemacht wird und die Ängste gemindert werden, wird solidarisches Verhalten möglich und der Ausgrenzung von Menschen mit HIV und AIDS ursächlich entgegengewirkt.“ So hat man sich entschieden Primär- (Aufklärung und Vorbeugung vor Infektionen), Sekundär- (Minimierung von Risikofaktoren bei bestehender HIV-Infektion) und Tertiärprävention (Abschwächen/Bremsen des Krankheitsverlaufes von Aids) nicht voneinander zu trennen, sondern im Konzept der strukturellen Prävention ganzheitlich zusammenzufassen und über die Verhinderung von HIV-Infektion und über Safer-Sex-Kampagnen hinaus zu arbeiten.

Dazu wurden wichtige Ziele definiert: Information und Aufklärung, soziale Hilfestellung und Akzeptanz von Homosexualität und schwuler Lebensstile. Hierzu wurden Bündnispartner*innen gesucht und gefunden und schnell arbeiteten schwule und nichtschwule Menschen gemeinsam an der Erreichung dieser Ziele. Besonders wichtig war es aufzuzeigen, dass Schwule nicht per se krank sind, sondern hier nur Opfer eines Virus. Und dass es nicht die Lebensstile sind, die für die Infektionen verantwortlich sind, sondern letztlich Biologie und Mathematik.

Jeder Griff nach einem Kondom ist Ausdruck der Auseinandersetzung mit dem Thema und verdeutlicht, dass schwule Sexualität untrennbar mit HIV verbunden ist. Dank der Therapien und PrEP ist es aber heute auch möglich auf Kondome zu verzichten, ohne eine HIV-Infektion zu riskieren. Viele PrEP-Nutzer beschreiben ein Gefühl der Befreiung von der Angst vor HIV beim Sex.

Glücklicherweise haben Menschen mit HIV dank der Therapien heute eine normale Lebenserwartung und so zeigt die Zahl der in Deutschland lebenden HIV-positiven. Durch die Therapien und PrEP sinken die Neuinfektionen merklich, da HIV unter Therapie nicht übertragen werden kann. Das Positionspapier war und ist also ein wichtiger Meilenstein der Prävention und dem Abbau von Stigmatisierung und Ausgrenzung von Schwulen – mit und ohne HIV. Hier findet ihr das Positionspapier zum Nachlesen.

Der Text erschien in der Juni-Ausgabe des Lustblättchens.

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