Schlagwort-Archive: Frankfurt

Alte Wunden heilen

von Jascha Urbach

1996. Ich lebe auf dem Land und will seit Jahren sagen, dass ich Männer toll finde. In diesem Jahr sage ich es. Ich bin 15 und allein. Klar, man hat nix gegen Schwule – es ist halt nur so ein Schimpfwort auf dem Schulhof. „Schwule sind etwas Schlechtes“ ist das, was bei mir ankommt. Da ich schwul bin, bin ich also etwas Schlechtes.

In der Schule bekamen wir nur die Information, dass es Homosexualität gab, dass inzwischen keiner mehr dafür ins Gefängnis ging und dass man Schwule nicht diskriminierte. Über Lesben, Trans* und Inter-Menschen erfuhren wir damals nichts. So richtig hatte ich noch nicht verstanden, was „schwul“, was „queer“ bedeutet. LGBTQI* sagte mir noch nichts. Die Regenbogenfahnen kannte ich nur als „Friedensfahne“.

Alte Wunden heilen weiterlesen

IDAHOT 2017 – Ein Fest der Vielfalt auf der Zeil

Zum diesjährigen „Internationalen Tag gegen Homophobie und Transfeindlichkeit“ (kurz: IDAHOT) veranstaltete die AIDS-Hilfe Frankfurt e.V. in Kooperation mit HESSEN IST GEIL! zum 17. Mai 2017 unter Leitung von Christian Gaa, neugewählter AIDS-Hilfe Vorstand, einen Markt der Vielfalt mitten auf der Frankfurter Zeil, der durch verschiedenste Aktionen die Diversität der menschlichen Identität(en) aufzeigen sollte.

Es herrschte ein buntes Treiben rund um Thema „Vielfalt in der Community“. Dem Organisator ging es vor allem darum, das Unsichtbare sichtbar zu machen und klar zu thematisieren, dass Stigmatisierung und Diskriminierung von LGBT*IQs immer noch Alltag seien. So war es Passant*innen mitten auf der Zeil möglich, ihr Interesse nicht nur durch Vorträge zu stillen, denn gerade das offene Gespräch zu Mitgliedern der Community konnte gesucht werden. Diese spontane Wissbegier eröffnete dabei einen Raum, der es ermöglichte, ungehemmt und vorurteilsfrei miteinander übereinander reden zu können. Die Erfahrungen waren dabei durchweg positiv: „Menschen mit unterschiedlichsten Weltbildern sind aufeinander getroffen und konnten sich so über sich selbst, die Anderen und ihr Tun und Denken austauschen“, so Christian Gaa. Ferner gibt Gaa an, dass künftig die Errichtung eines Kompetenzzentrums geplant sei, welches sich als Schutzraum mit Beratungsangeboten zu Identitätsfragen an die Bedürfnisse von LGBT*IQs richte.

Der politische Rahmen des Programms bestand neben dem offenen Austausch und Vorträgen noch aus einer Fotoaktion auf der Hauptwache, welche die „Menschenkette der Solidarität“ in Form einer AIDS-Schleife abbildete. Abschließend wurde noch ein Demo-Umzug zum russischen Konsulat begangen, der ein Zeichen gegen die Verfolgung und Ermordung schwuler Männer in Tschetschenien setzen sollte.

Durch die tatkräftige Unterstützung der Regenbogen-Crew, den Love Rebels und den vielen ehrenamtlichen Unterstützer*innen konnte an diesem sonnig-heißen 17. Mai die Vielfalt des Regenbogens (auch ohne Regen) auf der Frankfurter Zeil strahlen. Selten habe man ein so angenehmes Gefühl der Geborgenheit mitten auf der Zeil erlebt, wie zu diesem internationalen Tag, der sich dort nicht nur gegen die Anfeindung und Ausgrenzung von Anders sein richtete, sondern gerade die real präsente Vielfalt und die Verschiedenartigkeit unserer Gesellschaft feierte.

HESSEN IST GEIL! unterstützt die Regenbogen-Crew als neues Projekt der AIDS-Hilfe Frankfurt – denn diese Crew ist echt GEIL!

Satire, oder nicht – dies war nicht die Frage!

Wir haben das (geplante) Motto „LIEB GEIL!“ des CSD Frankfurt 2016 kritisiert. Zusammen mit vielen anderen Gruppen, Initiativen und Vereinen der Community in Frankfurt, Hessen und auch bundesweit.

Dabei ging es uns keinesfalls um Satire oder die Frage was Satire darf und soll und wo womöglich „der gute Geschmack“ endet. Es ging uns um Geschichtsbewusstsein und darum, dass sich Menschen von diesem Motto irritiert, verletzt und ausgegrenzt fühlten.

Wir haben Ziele und Motivation des CSD-Vereins verstanden und sie zu keinem Zeitpunkt infrage gestellt. Das Ziel ein Zeichen gegen immer stärker werdende rechte Gesinnungen zu setzen, sich zu emanzipieren, aufzulehnen und diese menschenverachtenden Ideologen zu verhöhnen, ist und bleibt unsere gemeinsame Aufgabe und dazu standen und stehen wir. Ebensowenig haben wir die Künstler der Frankfurter Klasse in irgendeiner Weise gewertet, oder angegriffen.

Wir haben kritisiert, dass eine Symbolik benutzt wurde, die in ihrem Ursprung (und leider bis heute andauernd) für Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt gegen Minderheiten steht. Wir sind der Auffassung, dass diese Symbolik nicht dazu dient, sie sich anzueignen und sie so inhaltlich umzuwidmen.

Die Entscheidung des CSD-Vereins sich ein neues Motto zu geben, dass die inhaltliche Ausrichtung verdeutlicht, ohne dabei Menschen zu irritieren, begrüßen wir ausdrücklich. Wir sind froh, über den konstruktiven Austausch mit den Menschen im CSD-Verein und werden in Zukunft enger zusammenarbeiten.

HESSEN IST GEIL! hat dem CSD-Verein angeboten für 2017 in einem „Community-Kongress“ mit den Vereinen und Gruppen der Community partizipativ ein starkes CSD-Motto zu erarbeiten und inhaltlich einig und kämpferisch für unsere Ziele einzutreten.